Managua, Nicaragua (DAS)

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Colegio Alemán Nicaragüense, Managua, Nicaragua (Chemie/ Spanisch)

Zeitraum: Sommersemester 2019 | Schulinfos: hierExterner Link

Vorbereitung des Auslandspraktikums

Ich bewarb mich 10 Monate vor Beginn des Praktikums per E-Mail bei der Schule. Ich wollte ein Visum beantragen und setzte mich dafür mit der nicaraguanischen Botschaft in Berlin in Kontakt. Leider waren die Dokumente, die sie mir sagten, dass ich sie brauchen würde, und die Dokumente, die tatsächlich von mir verlangt wurden, nicht die gleichen und ich konnte kein Visum erhalten. Ich konnte mir aber behelfen, indem ich zweimal nach Costa Rica aus-und wieder nach Nicaragua einreiste. Dadurch wurde mein Aufenthalt jeweils um weitere drei Monate verlängert. Zusätzlich besteht die Möglichkeit, beim Ministerio de Migración y Extranjería den Aufenthalt für 500 Córdobas (etwa 16 Euro) einmalig zu verlängern.

Das Stipendium vom DAAD für Auslandspraxissemester enthielt eine Reisekrankenversicherung. Tatsächlich habe ich davon keine Ahnung und wüsste nicht, was ich gemacht hätte, wenn ich mich verletzt hätte oder ernsthaft krankgeworden wäre.

Ich bin von Frankfurt über die Dominikanische Republik und Costa Rica nach Managua geflogen. Für meinen Flug habe ich 600€ gezahlt. Am besten bucht man im Internet.

Die Packliste variiert mit dem Praktikumszeitraum: Von November bis Mai ist Trockenzeit, es regnet kaum. Wer zwischen Mai und November in Nicaragua ist, sollte eine Regenjacke mitnehmen und etwas, um den Inhalt des Rucksacks vor sintflutartigen Platzregenausbrüchen zu schützen. Das Schuljahr beginnt im Januar und endet im Dezember. Ich bin mitten ins Schuljahr eingereist, mein Praktikum begann im März. Einen Spanischsprachkurs sollte man auf jeden Fall machen, da nur etwa die Hälfte der Lehrer Deutsch spricht. Außerdem würde ich empfehlen, (was ich übrigens verpennt habe), alles Material der Begleitseminare einzuscannen, da man ganz schön zu tun hat.

Unterkunft

Ich habe mit meiner Freundin in San Marcos gewohnt. Die Wohnung hat 120 Dollar im Monat gekostet, was ein günstiger Preis für die Größe ist. Diese Möglichkeit bestand, weil die Tante meiner Freundin uns dieses Apartment zur Verfügung gestellt hat. Die knapp drei Stunden Pendeln jeden Tag (1,5h hin, 1,5h zurück) haben mich ziemlich zermürbt. Wenn ich zur ersten Stunde da sein wollte, musste ich um 5:00 Uhr aufstehen.

Die Schule bietet an, einen in einer Gastfamilie unterzubringen. Viele Eltern nehmen einen sehr gerne auf.

Finanzen

Wenn man bei Eltern eines Schülers wohnt, hat man schon mal keine oder kaum Ausgaben für die Anreise. Die 30 km, die ich täglich hin-und zurückgereist bin, haben mich 40 Córdobas täglich gekostet. Wir haben pro Monat (zu zweit!) etwa 300 Euro (dabei ist die Miete schon inbegriffen) ausgegeben. Ich habe ein DAAD-Stipendium über 3500€ bekommen, allerdings kam das Geld erst an, als ich bereits in Nicaragua war. Von hier kann ich nicht auf mein Bankkonto in Deutschland zugreifen, vielleicht kriegst du das ja geregelt... Daher hatte ich ein Jahr vor dem Praktikum zu sparen begonnen und mein Konto mit 2000€ leergeräumt, um hier zurechtzukommen. Das Geld hat auch gereicht.

Leben an der Schule

An meinem ersten Tag an der Schule wurde ich auf dem Gelände herumgeführt und der Schulleiter meinte zu mir, ich sei frei, zu tun, was immer ich wollte. Er gab mir einen Stundenplan aller Lehrer und aller Klassen und der Rest war mir überlassen. Also tigerte ich durchs Kollegium, beobachtete Unterricht in verschiedensten Fächern bei verschiedensten Lehrkräften von Grundschule bis Abschlussjahr. So fand ich Daniel Schär, Deutschlehrer in der Oberstufe, der einen großen Beitrag zu meiner Weiterentwicklung zum Lehrer beigetragen hat. Ich habe viele Freundschaften zu Lehrern geschlossen. Ansprechpartner muss man sich selbst suchen. Im März gab es noch einen anderen Praktikanten, der nur vier Wochen an der Schule war, danach war ich der einzige. Dieser Kollege hat den gesamten Unterricht eines Lehrers übernommen, der zu dieser Zeit verletzt war, also 25 Stunden in der Woche. Das fand ich ganz schön viel. Ich denke, es ist wichtig, nein zu sagen. Wir sind Praktikanten, noch keine fertigen Lehrer. Und auch bei uns selbst gilt das Prinzip der Passung. Wenn es zu viel ist, lernt man auch nix.

Ein typischer Schultag beginnt um 7:30Uhr, die Mittagspause ist von 12:55 bis 13:35 Uhr und es gibt einen Nachmittagsblock von vier Stunden, sodass die letzte Stunde erst um 16:40 Uhr endet. So lange haben aber nur die Ältesten Unterricht. Insgesamt sind es etwa 300 Schüler an der Grundschule und 300 am Gymnasium. Die Klassenstärke liegt zwischen 13 und 28 Schülern, es sind also teilweise sehr angenehm kleine Klassen. Die meisten Lehrer arbeiten kaum miteinander zusammen, fast jeder macht sein eigenes Ding. Um fächerübergreifenden Unterricht und Kollaboration im Kollegium zu realisieren, ist Eigeninitiative gefragt! Eine wichtige Fähigkeit, die du hier üben kannst. Es gibt viele Lehrer, die bereit sind, zusammenzuarbeiten. Du musst sie nur finden. Ich habe hospitiert und selbst Stunden gegeben. Oft wurde ich nach Rückmeldungen gefragt, da 50 von 60 Lehrern Quereinsteiger sind und meine Meinung begehrt und geschätzt war.

Es gab zahlreiche Möglichkeiten zum Nebenverdienst an der Schule: Es werden Deutschlehrer für die Kurse des Personals gesucht, weswegen ich mehrmals angesprochen wurde. Außerdem gibt es die Möglichkeit, für 10-20 Dollar die Stunde Nachhilfe in Deutsch oder anderen Fächern zu geben.

Freizeit

Das kulinarische Angebot Nicaraguas ist sensationell: Das Früchteangebot ist umfangreich und es gibt viele Bohnen, Reis-und Fleischspeisen. Zwischen Juni und August ist Mango-Saison. Wer im Sommersemester hier ist, muss auf jeden Fall Mangos essen. In der Hauptsaison Mitte Juni kosten sie teilweise nur 1 Córdoba (etwa drei Cent). Auch Bananen, die es das ganze Jahr gibt, kosten nur 1 Córdoba. Die Kochbanane (plátano) werden reif und gelb (plátano maduro) oder unreif (plátano verde) verkauft. Sowohl mit reifen als auch mit unreifen Kochbananen kann man viel anfangen: Reife Kochbananen schneidet man in Scheiben und frittiert sie: plátano frito. Köstlich! Mit unreifen Kochbananen kann man zum Beispiel tostones con queso machen. Es gibt das ganze Jahr über Zitronen und Orangen, die beide teilweise stark im Preis schwanken. Es ist üblich, Zitronen-und Orangenlimonade anzurühren. Auch das sollte man sich nicht entgehen lassen. Wer einen Mixer hat, kann auch „fresco de mango“ und „fresco de calala“ (Maracuyali-monade) machen. Das Nationalessen ist „gallo pinto“, Reis mit Bohnen. Die roten Bohnen gibt es überall und müssen unbedingt probiert werden, sie gehören zur Kultur Nicaraguas. Achtung! Bohnen weichkochen dauert gut und gerne drei Stunden. Am Tag vorher in Wasser einlegen hilft, die Zeit etwas zu verringern.

Der mittelamerikanische Kaffee ist auf der ganzen Welt berühmt. Die meisten Nicaraguaner sind arm und kaufen daher keinen Bohnen-, sondern löslichen Instantkaffee. Eine Packung Kaffee kostet 120 Córdoba (<4€) und ist köstlich.

Für Fleischesser gilt es außerdem, Nacatamal zu probieren. Im Nacatamal wird mariniertes Schweinefleisch (es gibt auch Varianten mit Rind oder Huhn) zusammen mit ungekochtem Reis, Tomaten, Maisteig und Koriander in Bananenblätter eingewickelt und gekocht. Das Fleisch zerfällt auf der Zunge und Teig und Reis sind vom Fleischsaft durchtränkt. Die Spezialität der Kolonialstadt Granada ist das Vigorón: Hier wird Chicharrón mit Krautsalat und Yuca (Maniok) vermischt!!! Im Essig der Krautsalatsoße getränkt, wird die Yuca weich und saftig. Chicharrón wird aus Schweineschwarte hergestellt.

In Nicaragua gibt es viel zu sehen: Den Pazifik, der für jeden, der in der Hauptstadt Managua oder deren Umgebung wohnt, relativ leicht zu erreichen sein wird. Ein beliebter Badestrand ist „La boquita“, die von Diriamba aus mit dem öffentlichen Nahverkehr erreicht werden kann. Der Mombacho ist ein Vulkan, auf dem geführte Wanderungen angeboten werden. Es gibt eine 2h und eine 4h Tour. Ich empfehle die 4h Tour. León und Granada sind Kolonialstädte, die einen Besuch wert sind. Granada liegt am riesigen Nicaraguasee und es besteht die Möglichkeit, eine Bootstour im See zu machen. Jeden, der die Chance dazu hat, empfehle ich einmal, in den Norden des Landes zu reisen (Jinotega, Matagalpa). Der Norden des Landes ist bergig. Matagalpa ist die Kaffeehauptstadt Nicaraguas. Hier kann man wandern und Kaffee kaufen. Die kulinarische Spezialität des Nordens ist die Güirila, eine Tortilla, bei der junge, süße Maiskolben für die Herstellung des Maismehls verwendet werden. Sie wird mit cuajada (Käse) und/oder crema (Frischkäse) verzehrt. Es gibt in Nicaragua tausend bunte Vögel, doch Kolibri, Guardabarranco und co. halten sich selten in den Städten auf. Umso mehr lohnt sich ein Besuch in weniger dicht besiedelte Regionen, wie zum Beispiel den Norden Nicaraguas.

Allgemein

Wenn ihr relativ hellhäutig seid wie ich, wird man von euch überall außer im Supermarkt das Doppelte verlangen. Informiert euch daher bei jemandem über den Preis, bevor ihr auf dem Markt einkauft oder mit dem Bus fahrt. Was den Preis für den Bus angeht, könnt ihr einfach irgendjemanden ansprechen, der auch zu warten scheint. Mit fremden Leuten an der Bushaltestelle zu sprechen, ist hier nichts Ungewöhnliches. Wenn der cobrador von dir mehr verlangt, als es kostet, kannst du ruhig sagen, dass du das nicht bezahlen wirst und den Preis kennst. Wenn du früh morgens in einem vollgestopften Bus reist oder eine „ruta“ in Managua nimmst, solltest du auf deine Taschen und deinen Rucksack aufpassen. Daher gilt immer: Rucksack am Bauch tragen und größere Geldbeträge in den Rucksack, nicht in die Hosentaschen. Ich habe mir eine Innentasche in eine Jeans einnähen lassen, in der ich größere Geldmengen transportiert habe. Auch das Handy hatte ich immer im Rucksack. In der Hosentasche hatte ich so nur das Fahrtgeld und wäre auch

im Ernstfall noch nach Hause gekommen. Das sind alles präventive Sicherheitsvorkehrungen: Tatsächlich bin ich (deswegen?) in dem halben Jahr, das ich hier bin, nie beklaut oder ausgeraubt worden.

Wenn ich das Praxissemester nochmal machen könnte, würde ich alles nochmal genauso machen. Zwar war das tägliche Pendeln ganz schön nervig, aber auf diese Weise konnte ich endlich mit meiner Freundin zusammenziehen. Wenn ich in Managua bei einer Gastfamilie gewohnt hätte, hätten wir uns nur am Wochenende gesehen. Ich habe Zeit gebraucht, um mich einzuleben und die Kommunikationskultur zu verstehen, doch schon seit einer Weile fühle ich mich sehr wohl hier. Trocken-und Regenzeit sind Gegebenheiten, die ich nie wieder vergessen werde. An der Schule habe ich Freundschaften, besonders zu zwei Lehrern, geschlossen, die ich auch besucht habe. Ich bin zufrieden.