Tallinn, Estland (DPS)

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Tallinna Saksa Gümnaasium, Tallinn, Estland (Mathematik/ Biologie)

Mit Schnee bedeckte Dächer der Stadt Tallinn

Foto: Aus dem Erfahrungsbericht

Zeitraum: September 2024 - Februar 2025 (WiSe 2024/25) | Schulhomepage: hierExterner Link

Vorbereitung des Auslandspraktikums

"Tere tulemast!" ist Estnisch und heißt "Willkommen". Fünf Monate war ich am Tallinna Saksa Gümnaasium (TSG) in Tallinn. Beworben habe ich mich gut ein Jahr vor Beginn - im Oktober 2023. Es gibt an der Schule eine Praktikumsbeauftragte, die alle meine E-Mails beantwortet hat. Die benötigten Unterlagen für die Bewerbung stehen auf der Webseite der Schule. Nach einer Woche kam dann auch schon die Antwort.

Wenn man sich länger als drei Monate in Tallinn aufhält, dann muss man sich registrieren lassen. Die dafür erforderlichen Dokumente stehen im Internet bereit oder man kann sie vor Ort im Amt erfragen. Wichtig ist, einen Mietvertrag zu haben. Ein Vorteil ist, dass man durch die Registrierung alle öffentlichen Verkehrsmittel der Stadt kostenlos nutzen kann. Eine ID-Karte habe ich nicht gebraucht und nicht beantragt. Im Laufe meines Aufenthaltes habe ich den internationalen Studierendenausweis ISIC beantragt, um damit Vergünstigungen z.B. in Museen zu bekommen. Beim DAAD habe ich ein Versicherungspaket für 38€ im Monat abgeschlossen mit Krankheits-, Unfall- und Privathaftpflichtversicherung.

Das Schuljahr beginnt Anfang September. Ich bin zwei Wochen eher angereist und habe mir einen Überblick von der Stadt und der Umgebung verschafft. Außerdem ist Helsinki nicht weit. Notwendig ist die frühere Anreise nicht, jedoch wollte ich den Sommer in Tallinn nutzen. Nach Tallinn kommt man von Berlin (in 2h) oder Frankfurt (2,5h) einfach und schnell mit dem Flugzeug. Es gibt regelmäßige Verbindungen. Eine umweltfreundlichere Möglichkeit ist das Reisen mit dem FlixBus. Hier sollte man einen oder zwei ganze Reisetage einplanen. Da ich ein aktiver Mensch bin, waren in meinem Koffer Sportsachen und Wanderschuhe für Ausflüge ins Moor, Skisachen für Langlaufskifahrten und Schwimmsachen, da ich regelmäßig in der Schule schwimmen war.

Unterkunft

Zunächst sollte man sich überlegen, wo man gerne wohnen möchte. Eine Wohnung in der Innenstadt hat den Vorteil, dass man flexibler ist und die schöne Altstadt und das Meer direkt vor der Haustür hat. Je nachdem, von wo man fährt, braucht man aus der Innenstadt ca. 30 Minuten mit dem Bus zur Schule in Mustamäe. Besonders beliebt sind die Viertel Kalamaja und Kesklinn, da sie nah an der Innenstadt liegen aber dennoch ein eigenes Flair bieten. Alternativ kann man sich auch eine günstige Wohnung in Mustamäe und Umgebung suchen. So kann man zu Fuß zur Schule gehen, braucht aber umgekehrt ca. eine halbe Stunde mit dem Bus in die Innenstadt. Ich habe zusammen mit meinem Freund in einer Wohnung in Kesklinn nahe am Kadriorg Park gewohnt. Die Wohnung lag 10 Minuten zu Fuß von der Tallinn University entfernt, sodass ich dort regelmäßig in der Bibliothek war oder an Veranstaltungen teilgenommen habe. Mein Schulweg betrug ca. 45 Minuten. Ich habe die Wohnung über Facebook gefunden. Wohnungen in Estland haben den Vorteil, dass sie bereits möbliert sind. Die Mindestmietdauer beträgt normalerweise 12 Monate, sodass ich über Wohnungsvermittlungsportale keinen Erfolg hatte. Eine gute Option sind die Larsen-Hostels. Man kann dort kleine Apartments für ca. 350-550€ monatlich mieten. Die Wohnungen sind minimalistisch und hübsch eingerichtet und recht flexibel buchbar (für wenige Wochen bis einige Monate) und man muss sich um wenig kümmern. Außerdem werden bei Larsen kostenlose Events angeboten, sodass man sich leicht vernetzen kann.

Finanzen

Ich habe das Erasmus+ Stipendium in Höhe von 640€ pro Monat bekommen. Damit habe ich meine Miete abgedeckt (ca. 450€) sowie die Lebensmitteleinkäufe. Ich denke, dass die ungefähren monatlichen Ausgaben von Student:innen in Tallinn bei 700-800€ liegen. Dazu gehören Freizeitausflüge, Einkäufe, Miete, Kleidung sowie Restaurantbesuche. Estland ist digital sehr weit fortgeschritten. Ich habe alle meine Ausgaben mit meiner Kreditkarte von der DKB getätigt. Bezüglich Nebenjob gab es an der Schule für Praktikant:innen keine Möglichkeit zu jobben. Deutsch ist jedoch ein verbreitetes Unterrichtsfach in Estland. Eventuell kann man privat Nachhilfe geben. Um beim Einkaufen Geld zu sparen, empfehle ich, sich bei Supermärkten anzumelden und eine Treuekarte zu bekommen. Weiterhin ist es sinnvoll, eine ISIC-Card zu beantragen, da der nationale Studentenausweis aus Deutschland manchmal nicht anerkannt wird.

Leben an der Schule

An der Schule gibt es eine Praktikumsbeauftragte, die sich um alle meine Fragen und Anliegen gekümmert hat und mir auch die Einführung in die Schule gegeben hat. Sie war dann auch meine Mentorin in Mathematik. In Biologie habe ich einen anderen Mentor bekommen. Jeden Mittwoch trifft sich das deutsche Kollegium inklusive Praktikant:innen, um sich über Termine und sonstige Informationen auszutauschen. Auch in der Freizeit hat das Kollegium viel miteinander unternommen, wie z.B. Koch- und Spieleabende. In der Regel sind mindestens zwei Praktikant:innen an der Schule. Die Lehrkräfte sind sehr hilfsbereit und offen für das Übernehmen einzelner Unterrichtsstunden sowie Hospitationen. Auch wird man, wenn man möchte, in Projekten wie Juniorwahl, Nikolaustag, Vorlesewettbewerb etc. eingeplant.

Technisch ist die Schule wunderbar ausgestattet. Es gibt in den meisten Räumen Whiteboards oder Smartboards und es ist möglich, sich Laptops oder Tablets für die Klassen auszuleihen. Die Klassen der Deutschen Abteilung werden halbiert und in zwei Gruppen unterrichtet. So beträgt die durchschnittliche Anzahl der Schüler:innen 15. Außerdem ist Deutsch die Unterrichtssprache der fünf Fächer der Deutschen Abteilung (Deutsch, Mathematik, Biologie, Geschichte, Physik), wobei Schüler:innen in Austauschphasen auch Estnisch untereinander reden dürfen. In der Freizeit kann man die Schwimmhalle und Sauna sowie den Kraftraum der Schule nutzen. Gelegentlich habe ich Klavier geübt, da die Schule über zwei Flügel verfügt. An der Schule bekommt man für einen kleinen Aufpreis Frühstück (0,50€) und Mittag (1,83€).

Freizeit

In meiner Freizeit habe ich jede Menge unternommen und gebe hier einen kleinen Einblick: Da Tallinn über zwei Universitäten verfügt, gibt es auch zahlreiche Möglichkeiten für Student:innen, sich die Freizeit zu gestalten. Am Anfang eines jeden Semesters finden zahlreiche Erasmus-Veranstaltungen zum Kennenlernen statt. Dazu gehören Kulturabende, Stadtrundgänge, Wanderausflüge, Filmabende und vieles mehr. Da ich nah an der Universität Tallinn wohnte, habe ich das dortige Fitnessstudio genutzt sowie einen Salsa/Bachata-Tanzkurs belegt. Auf der Webseite der Universität gibt es noch mehr Kurse wie Yoga, Volleyball…

Im Moor

Foto: Aus dem Erfahrungsbericht

In der Schule besteht die Möglichkeit, zweimal in der Woche schwimmen zu gehen. Im Shoppingzentrum T1 ist eine große Boulderhalle (Ronimisministeerium), die 24/7 geöffnet ist und sogar eine Sauna hat. Wer an Estnisch interessiert ist, kann die Basics hierExterner Link kostenlos mit kleinen Videos, Animationen und Aufgaben lernen.

Ich war oft wandern. Ein kleines Moor nahe der Stadt ist das Pääskula raba, welches gut mit den Öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen ist. Der nächste Nationalpark, der Laheema-Nationalpark mit dem Viru-Bog-Trail, ist eine Stunde mit dem Überland-Bus entfernt und zu jeder Jahreszeit ein wunderschönes Ausflugsziel. Für alle Kulturinteressierten empfehle ich die Nationaloper, in der man Studierendenrabatt bekommt sowie die Kunstmuseen KUMU und Fotografiska. Das Künstlerviertel Telliskivi bietet coole Cafés und kleine Geschäfte.

Auch der Kadriorg-Park ist bei jedem Wetter ein schöner Ausflugsort. Wer sich einen Tag oder das Wochenende freinimmt, kann mit dem Bus oder Zug in die Europäische Kulturhauptstadt 2024 nach Tartu fahren. Dort befindet sich das sehr sehenswerte Nationalmuseum sowie alles, was eine Studentenstadt zu bieten hat. Mein Geheimtipp ist, übers Wochenende mit der Fähre nach Helsinki zu fahren. Diese nachhaltige und charmante Stadt ist gut 2,5h von Tallinn entfernt und immer einen Ausflug wert.

Allgemein

Zu beachten ist: Ein Praktikum empfiehlt sich vor allem, wenn man die Fächer Deutsch, Mathematik, Biologie, Physik oder Geschichte hat, da nur diese auf Deutsch unterrichtet werden. Eventuell kann man auch mit Englisch oder Französisch unterrichten. Das muss vor Ort abgeklärt werden.

Gut zu wissen: In Tallinn muss man im Winter einen Reflektor tragen. Den erhält man in jedem Supermarkt.

Ansonsten kann ich nur betonen, dass Tallinn eine wunderbare Größe hat, um vieles zu Fuß oder mit den sehr regelmäßig fahrenden Bussen zu erreichen. Auch kommt man schnell an Strände oder in die umliegenden Moore. Im Winter muss man bedenken, dass die Tage sehr kurz und oft grau sind. Dafür hat man einen kalten Winter mit Schnee und der Möglichkeit, Langlaufski oder Schlittschuh fahren zu gehen. Auch ist die Saunakultur sehr verbreitet. Im Sommer wiederum ist es noch länger als in Deutschland hell und nicht zu heiß.