Meran, Italien (national + deutschsprachig)

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Realgymnasium Albert Einstein und Technologische Fachoberschule Oskar von Miller, Meran, Italien (Mathe/ Sport)

Schulgebäude Meran

Foto: Aus dem Erfahrungsbericht

Zeitraum: September 2017 – Februar 2018 (WiSe 2017/18) | Schulinfos: hierExterner Link

Warum das Praxissemester im Ausland?

Ich wollte das Praxissemester gern daheim im Erzgebirge absolvieren. Allerdingswar es mir zu umständlich, jeden Freitag nach Jena zum Seminar zu fahren. Deshalb habe ich entschieden, das Praxissemester in den Alpen durchzuführen. Südbayern kam aufgrund der zu besuchenden Freitagsseminare nicht in Frage, weshalb ich mich in Österreich beworben habe. Mein Ziel war es, ein anderes deutschsprachiges Schulsystem und die alpenländische Kultur, in die ich aufgrund der jährlichen Urlaubsaufenthalte einen kleinen Einblick hatte und die mich faszinierte, noch näher kennenlernen. Leider hat sich die Suche nach einer geeigneten Praktikumsstelle dort als schwierig gestaltet, weshalb ich mich in Südtirol informiert und beworben habe. Mit meiner Schule habe ich einen Glückstreffer gelandet.

Warst du gut vorbereitet oder gab es auch Situationen, mit denen du nicht gerechnet hast?

Die Vorbereitung auf das Praxissemester verlief gut. Ich habe kurz vor der Ausreise noch eine Auslandsversicherung abgeschlossen, da sich herausgestellt hat, dass die vorherige nicht ausreichend gewesen ist. Eine Schwierigkeit, die sich in Südtirol bzw. in Italien gezeigt hat, ist die Notwendigkeit einer Steuernummer, um sich offiziell in Vereinen und Organisationen anzumelden oder Bezüge für längere Zeit (zum Beispiel zur Mobilität) zu beantragen.

Welche für dich bedeutende Erfahrung hast du an der Praktikumsschule gemacht?

An meiner Praktikumsschule war das Klima sehr angenehm. Der Direktor hat eine lockere Atmosphäre verbreitet, was sich auf das Kollegium und die Schüler und Mitarbeiter übertragen hat. Ich wünsche mir, dass ich später an einer solchen Schule arbeiten darf, jedoch wird die Suche danach wohl schwierig. Auch die moderne und ausreichende Ausstattung der Schule ist sehr löblich.

Was war im Gegensatz zur deinen bisherigen Erfahrungen mit der Schulwirklichkeit in Deutschland eine echte Besonderheit an der Praktikumsschule im Ausland?

Es gibt mehrere Besonderheiten. Das Schulsystem ist anders aufgebaut und sehr viele Schüler besuchen die Oberschule, da sie nach der Mittelschule nur zwei Wege gehen können. Entweder lernen sie an der Berufsschule oder entscheiden sich für das Matura (Abitur) an einer Oberschule. Es gibt keine Pausen, außer nach der dritten und nach der sechsten Stunde und somit ist der Übergang zwischen den Stunden fließend. Viele der Lehrer haben kein Didaktikstudium absolviert, sondern haben lediglich ihr Fach studiert. Normal ist in Südtirol ebenso, dass die Schüler, wenn sie Nachmittagsunterricht bis vier oder fünf Uhr haben, mehr als eine Stunde Mittagspause haben, in der sie außerhalb (meist in Schülerheimen), zu Mittag essen. An den anderen drei Tagen geht der reguläre Unterricht nur bis ein Uhr und am Nachmittag finden Wahlfächer und Stützkurse statt. In Südtirol gibt es keine Förderschulen. Betroffene Schüler sitzen meist zusammen mit Integrationslehrern in der Klasse. Allerdings ist die Betreuung nicht kontinuierlich und unausreichend. Das Lerntempo heterogener Klassen ist um Einiges niedriger als das in homogeneren Klassen.

Welchen Mehrwert hat dir das Praxissemester im Ausland für das Lehramtsstudium/den späteren Lehrerberuf sowie für deine Persönlichkeit gebracht?

Ich bin im Praxissemester sehr selbstständig geworden und habe an Selbstbewusstsein dazu gewonnen. Mir hat es eine Menge gebracht, mich mit vielen Lehrern auszutauschen und meine eigenen Aktivitäten in der Schule auszuwerten. Hilfreich war auch die Möglichkeit, auszutesten, wie man vor den Schülern stehen möchte und welche Methoden eingesetzt werden können. Ich habe ebenfalls unterschiedliche Reaktionen von Klassen auf gleiche Unterrichtskonzepte gesehen. Ein weiterer neuer Aspekt ist die Übernahme von Verantwortung.
Ich habe sehr viele Menschen mit einer bemerkenswerten Mentalität und Gastfreundlichkeit kennengelernt und wurde durch meine Hilfsbereitschaft und Heiterkeit erfreulich gut aufgenommen. Ein Großteil der Menschen in Südtirol weiß zu schätzen, was sie haben und sind stolz auf ihre Heimat. Ich habe gelernt, mir selbst Ziele zu setzen und anzustreben. Das Praxissemester im Ausland war für mich eine perfekte Möglichkeit, um zu erkennen, was mir wichtig ist. Danach habe ich auch Prioritäten gesetzt und mir Zeit für ausgewählte Aktivitäten genommen. Durch das Leben in der Gemeinschaft des Klosters und zusammen mit den Schülerinnen und anderen Praktikanten habe ich nicht nur meine Kenntnisse in der Schule sondern ebenfalls im Haushalt und Handwerk erweitert.

Welche Tipps gibst du Studierenden mit auf den Weg, die noch überlegen, ob sie ihr Praxissemester im Ausland absolvieren wollen?

Für mich war das Praxissemester im Lehramtsstudium die einmalige Möglichkeit, weg zu kommen von daheim und aus einer anderen Sichtweise auf Schule und Mentalitäten zu blicken. Wenn ich noch ein Praxissemester im Ausland durchführen könnte, würde ich wieder eine Region auswählen, die mich selbst sehr interessiert und wo ich viel erleben kann. Ich habe mich im Vornherein auch bezüglich Freizeitmöglichkeiten erkundigt und bin sehr froh, in einem Schülerheim gelandet zu sein. Ich kann es mir nur schwer vorstellen, in einem fremden Land über eine solch lange Zeit in einer eigenen Wohnung oder Wohngemeinschaft zu leben. Um sich erfolgreich einzubringen und einzuleben ist es außerdem notwendig, Zeit zu investieren und Angebote zu machen. Schulisch bedeutet dies unter anderem auch, an außerunterrichtlichen Aktivitäten, die möglicherweise einige Zeit mehr beanspruchen, teilzunehmen.