Saida, Libanon (Fit)

Lesen Sie hier Erfahrungsberichte aus Saida, Libanon.

Dr. Hikmat Sabbagh Public Secondary School for Girls, Saida, Libanon (Deutsch/ Ethik)

Saida, Libanon
Saida, Libanon
Foto: Aus dem Erfahrungsbericht

Zeitraum: März 2017 – Juni 2017 (SoSe 2017) | Schulinfos: hierExterner Link

Warst Du gut auf das Praxissemester im Ausland vorbereitet oder gab es auch Situationen, mit denen du nicht gerechnet hast?

Für mich war es im Libanon enorm von Vorteil, dass ich finanziell, vor allem aber auch organisatorisch, methodisch und moralisch Unterstützung erfahren habe vom Projekt SCHULWÄRTS!Externer Link des Goethe-Instituts. Hierüber kam ich in Kontakt mit der Sprachabteilung des Goethe-Instituts in Beirut. Von den Zuständigen dort habe ich ungemein viel gelernt und hatte immer Ansprechpartner, die auch außerhalb der Schule agieren und meine kulturellen Bedenken, Alltagsprobleme und Kulturschocks sehr gut nachvollziehen konnten. So hatte ich nie das Gefühl, allein dazustehen und Anforderungen nicht meistern zu können. Auch an meiner Praktikumsschule verhielten sich alle Lehrenden und Lernenden mir gegenüber so außerordentlich kooperativ und offen, dass meine anfänglichen Unsicherheiten bald zerstreut waren.

Welche für Dich bedeutende Erfahrung(en) hast Du an der Praktikumsschule gemacht?

An der Dr. Hikmat Sabbagh Schule für Mädchen habe ich Erfahrungen gesammelt, die meine Sicht auf die Welt buchstäblich auf den Kopf gestellt haben. Ich durfte erleben, wie freundlich die Schülerinnen und Schüler den Lehrkräften gegenüber sind und wie sehr sie Bildung an sich wertschätzen. Obwohl der Schulalltag lauter ist und westeuropäische Konzepte von Disziplin nicht sehr häufig Anwendung finden, habe ich im Lernalltag ein Grundgefühl der gegenseitigen Wertschätzung miterlebt, das mich bis heute rührt. Abläufe sind weniger planbar und Ereignisse schlechter voraussehbar, als ich das bisher aus dem schulischen Alltag gewohnt war. Aber ich habe auch gelernt, dass diese Planungssicherheiten nicht immer zwingend nötig sind, um große Lernerfolge zu erzielen.

Auf der anderen Seite kann ich heute auch verstehen, wie groß das Enttäuschungspotenzial in dieser unsicheren Welt sein kann. Wenn Lernende aus dem nahöstlichen Raum in deutschen Schulen sehr lautstark ihr Recht auf etwas einfordern und sich – für uns unangemessen laut – über eine enttäuschende Entwicklung beschweren, dann meine ich nun besser verstehen zu können, warum sie sich so verhalten. Dies soll als Beispiel für die Erkenntnisse genannt sein, die ich als künftige Lehrkraft in mein Handeln integrieren möchte. Ich bin sicher, dass die im Auslandspraxissemester gewonnen Eindrücke mir helfen werden, weniger vorurteilsbelastet und sensibler auf anstehende Herausforderungen im interkulturell geprägten Lehralltag reagieren zu können. 

Welchen Mehrwert hat Dir das Praxissemester im Ausland für das Lehramtsstudium/den späteren LehrerInnenberuf sowie für Deine Persönlichkeit gebracht?

Vor allem habe ich gelernt, wie wichtig es sein kann, Chancen zu ergreifen, auch wenn man sich deren Herausforderungen nicht immer gewachsen fühlt – ich habe das Gefühl während dieses Auslandsaufenthalts nur dazu gelernt zu haben und ein wenig über mich hinaus gewachsen zu sein. Diesen persönlichen Zuwachs wünsche ich jedem und jeder Mutigen, der/die sein Praxissemester abseits der eigenen Komfortzone verbringen möchte und bin sicher: Es lohnt sich uneingeschränkt für einen selbst und die zukünftige Lehrtätigkeit! Ich habe im Libanon viel über das Land, die Leute, ihre Geschichte, Prägung, Bildung und über mich selbst gelernt.

Welche(n) Tipp(s) gibst Du Studierenden mit auf den Weg, die noch überlegen, ob sie ihr Praxissemester im Ausland absolvieren wollen?

Wer sein Praxissemester im Ausland machen möchte, tut mit Sicherheit gut daran, sich intensiv mit der Kultur, der Geschichte und der Gesellschaft des zukünftigen Zuhauses zu beschäftigen. Dennoch muss man damit rechnen, dass manchmal alles vollkommen anders kommt, als man es sich hätte träumen lassen. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass es unmöglich ist, für alle Eventualitäten vorbereitet zu sein.